Interview - Stillleben
Götz Spielmann im Interview zu OKTOBER NOVEMBER.
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Götz Spielmanns neuer Film Oktober November ist ein intensives Familiendrama. SKIP hat mit dem Wiener Regisseur über die Intensität der Stille und die Essenz des Erfolgs gesprochen.
SKIP: Sie kommen gerade vom Filmfestival in Toronto, wo Oktober November Weltpremiere gefeiert hat - wie wars?
Götz Spielmann: Sehr schön. Was ich bemerkt habe - und das freut mich sehr -, ist, dass Oktober November sehr fremd ist in der jetzigen Filmwelt, inmitten dieses Lärms, der da sonst heute so üblich ist. Ein Kritiker, dem der Film nicht gefallen hat, hat ihn bezeichnet als 'das wahrscheinlich stillste Drama des Jahres'. Der empfand das als negativ. Und dabei find ich gerade den Satz wunderschön. Ich wünschte, uns wäre das fürs Marketing eingefallen (lacht).
SKIP: Was bedeutet diese Stille für Sie?
Götz Spielmann: Für mich waren die schönsten, die wichtigsten, die beglückendsten Filme immer die stillen. Ich finde, dass Vergrößerung und Dramatisierung vom eigentlichen Leben wegführt; dass man der Essenz näher kommt, wenn man diese Oberflächendramatik wegnimmt. Ich wollte einen sehr intensiven Film machen, der dabei möglichst undramatisch ist.
SKIP: Wie haben Sie sich für Ihre Hauptdarstellerinnen entschieden?
Götz Spielmann: Die Ursula hatte ich schon beim Schreiben im Kopf - bei der Nora ist dann etwas ganz Seltsames passiert. Ich hab mir ja vorher schon gedacht, dass die beiden jeweils für sich die Idealbesetzungen wären - aber sich vielleicht nicht so recht als Schwestern ausgehen würden. Aber als wir es dann doch ausprobiert haben, haben sie auf seltsame Weise immer mehr begonnen, sich sogar ähnlich zu sehen (lacht).
SKIP: Sie haben drauf bestanden, dass Nora für die Szene auf dem Gipfel wirklich selber auf den Berg steigt …
Götz Spielmann: Ja, es war mir wichtig, dass sie dort nicht hinchauffiert wird, sondern selber hingeht. Nicht aus trivialen Gründen, etwa damit sie ein bisschen erschöpft aussieht, sondern weil der Aufstieg eine Erfahrung ist, die die Figur da oben am Berg braucht. Sie hat mir später erzählt, dass sie anfangs dachte: "Was ist denn das für abstruse Idee?", dass es aber dann eine großartige Erfahrung für sie war.
SKIP: Sie machen seit den 80ern Filme, aber erst mit Revanche kam der große internationale Erfolg, bis hin zur Oscar-Nominierung. Wie ging und geht es Ihnen damit, wenn Sie jetzt plötzlich von allen möglichen Leuten hofiert werden?
Götz Spielmann: Ich liebe die Anerkennung, wurscht aus welchen Gründen sie auf mich einprasselt (lacht). Es hat sich da ja fast eine Art Stolz auf den österreichischen Film freigesetzt, der ruhig auch einmal ein wenig unreflektiert sein darf. Aber der eigentliche Erfolg meiner Arbeit besteht für mich darin, wenn ich spüre, dass mein Film für jemanden wichtig ist. Und in all den Jahren, wo ich eben in der Öffentlichkeit nie vorgekommen bin, wenn man die 'wichtigen' Filmemacher genannt hat, habe ich immer wieder gemerkt, dass meine Filme für Zuschauer sehr wohl wichtig sind. Und dass mir meine Arbeit wichtig ist.
SKIP: Haben Sie eigentlich jemals damit gehadert, dass sie mit Ihrem künstlerischen Ausdruck ausgerechnet bei der doch eher mühsamen Disziplin Film gelandet sind?
Götz Spielmann: Ja, in meinem Leben gabs in der Tat einige Phasen, in denen ich damit gehadert habe (lacht). Weil es eine harte und schwere Arbeit ist, und das, was daran beglückt, dann oft nur einen kleinen Teil ausmacht. Und man ist sehr abhängig, vom Geld, vom Erfolg … dabei bin ich ein sehr freiheitsliebender Mensch. Aber es wäre lächerlich, mich jetzt darüber zu beschweren, ich habe mir diesen Beruf ja selber ausgesucht.
Interview: Kurt Zechner / September 2013