Interview - In der Ruhe liegt die Kraft
Interview mit Ursula Strauss zu OKTOBER NOVEMBER
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Ob Bildschirm oder Leinwand, ohne Uschi gehts derzeit kaum. Auch Götz Spielmann wollte in seinem kraftvollen Familiendrama Oktober November erneut nicht auf sie verzichten - uns ergings ebenso, also haben wir die vielseitige Sympathieträgerin wieder mal zum Exklusiv-Interview gebeten.
SKIP: Ganz ehrlich: Als ich zum ersten Mal von diesem Projekt gehört habe, konnte ich mir nicht recht vorstellen, dass du und Nora von Waldstätten als Schwestern funktionieren. Aber euch scheint eine ganz eigene Chemie zu verbinden, und am Schluss des Films kommt einem sogar vor, dass ihr euch ähnlich seht …
Ursula Strauss: (lacht) Ja, sogar ich bild mir das mittlerweile ein. Wir sind ja wirklich ganz unterschiedliche Typen, aber trotzdem - oder vielleicht genau deshalb - haben wir uns wunderbar verstanden. Ich glaube, es war wirklich eine perfekte Mischung, weil einerseits gibts da diese Nähe, andererseits ist auch immer eine gewisse Fremdheit zwischen uns, eben weil wir so verschieden sind. Das war für den Ausgangspunkt des Filmes natürlich ideal.
SKIP: Noras Filmfigur in Oktober November ist eine Frau, die in der großen Stadt lebt und in ihre Landheimat zurückkommt. Du bist ja selbst ursprünglich aus der Provinz und hast immer noch starke Verbindungen zu deiner Familie. Wie vertraut ist dir persönlich diese Art von Entfremdung, die mit so einer Biografie oft einhergeht? Behandeln dich die Leute zuhause jetzt anders als früher?
Ursula Strauss: Ich muss dir ehrlich sagen, das krieg ich nicht so mit (lächelt). Falls irgendwelche Leute jetzt Vorbehalte gegen mich haben sollten, trauen sie sich mir das auf jeden Fall nicht ins Gesicht sagen. So was passiert einfach nicht. Bei meiner eigenen Filmfigur ist es so, dass die Tatsache, dass ich vom Land komme, auch mehr oder weniger die einzige Gemeinsamkeit ist. Dieses Wirtshausmilieu kenne ich privat gar nicht, mein Vater war Bürgermeister. Aber die Biografien, so wie sie in Oktober November präsentiert werden, sind mir dennoch sehr nahe, weil ich sowas bei anderen mitbekommen und miterlebt habe.
SKIP: Und inwieweit kennst du umgekehrt diese Situationen wie Nora sie im Film erlebt, diese sinnentleerten Castings und Drehs von irgendwelchen unbefriedigenden TV-Sachen?
Ursula Strauss: Ich habe das Glück, dass ich bei den TV-Geschichten meistens keine Castings machen muss.
SKIP: Auch nicht mit unmöglichen Produzenten für Projekte essen gehen?
Ursula Strauss: (lacht) Gott sei Dank sind die Produzenten bei uns selten so unmögliche Typen. Aber dieses halb Private, halb Berufliche, das ist einfach Teil des Arbeitsalltags. Das wirklich Interessante an der Figur ist für mich eher diese Einsamkeit, die sie erlebt, diese Leere, mit der sie sich herumschlägt. Diese Momente kennt glaub ich jeder Mensch: Dass man oft das Gefühl hat, man wird nicht verstanden oder man wird nicht als das wahrgenommen, als das man ich selbst empfindet – nämlich als ganz normaler Mensch.
SKIP: Die Eifersucht zwischen Geschwistern, die im Film sehr treffend dargestellt wird, scheint auch ein universelles Phänomen zu sein.
Ursula Strauss: Das Absurde ist ja, meine Figur nimmt das gar nicht wahr. Die hat so eine Selbstverständlichkeit im Umgang mit ihrem Vater und käme keine Sekunde auf die Idee, dass ihre Schwester Sonja ein Problem damit hat und sich neben ihr entwurzelt oder einsam fühlt.
SKIP: Sie ist erst eifersüchtig, als sie das Gefühl bekommt, ihre Schwester verdreht gleich wieder den Männern den Kopf …
Ursula Strauss: Ja, das ist aber auch was anderes. Sie hat kein Problem mit Sonja als Schwester. Problematisch wird es, wenn es um die Konkurrenz als Frau geht. Aber genau so reden die beiden auch die ganze Zeit aneinander vorbei, weil sie neiden einander ja im Prinzip genau das, worunter die andere leidet.
SKIP: Wie war es, nach dem internationalen Erfolg mit Revanche wieder mit Götz Spielmann zu drehen?
Ursula Strauss: Faszinierend. Gerade dieser Dreh hat sich wirklich eingebrannt in mein Hirn. Götz’ Art zu drehen ist so intensiv, konzentriert und genau. Wir hatten auch dort in dem Gasthaus, in dem wir gedreht haben, eine ganz besondere Atmosphäre. Wir haben ja fast den ganzen Dreh über dort auch gewohnt, und das war für den Film immens wichtig, wir sind immer zusammengesteckt und haben uns wirklich gut kennengelernt dort. Wir wurden auch ganz toll betreut, die Leute in Annaberg, die man zwar im Film nicht sieht oder nur ganz vereinzelt, spielen eigentlich eine große unsichtbare Rolle.
SKIP: Und wie hat sich die Gegend dort auf deine Stimmung ausgewirkt?
Ursula Strauss: Wunderschön war das. Diese Landschaft dort macht einen einfach ruhig.
SKIP: Das Karge und Einsame ist für dich kein Problem?
Ursula Strauss: Nein, das stört mich ganz und gar nicht. Ich hab keine Angst davor. Ich kenn das.
SKIP: Ursula, unlängst startete bei uns Blutgletscher, eines der wenigen großen österreichischen Filmprojekte, bei dem du nicht beteiligt bist. Wäre so ein Genre-Film nicht etwas, was auf deiner Liste noch fehlt?
Ursula Strauss: Ja, das würde mir eh total taugen!
SKIP: Warum bekommst du dann sowas nicht angeboten?
Ursula Strauss: Keine Ahnung, frag die Regisseure und Produzenten (lacht).
SKIP: Man sieht dich auch nach wie vor viel zu selten in Komödien - unlängst im ARD-Film Alles Schwindel von Wolfgang Murnberger warst du ja sehr lustig, und wirklich überzeugend als Allergikerin.
Ursula Strauss: Ich bin ja auch Allergikerin, ich weiß also, was ich da tue … Jedenfalls bin ich offen für alle schönen Rollen. Ob die jetzt lustig sind, traurig oder sonst was. Ich bekomme eh sehr viele unterschiedliche Angebote, da darf ich mich nicht beschweren. Man traut mir sicher jetzt mehr zu als früher … Ach, ich tu mir immer so schwer, über mich selbst zu reden (lacht).