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PRESSESTIMMEN

Es ist eine Geschichte voller Anmut, voller tiefgründiger Auseinandersetzung mit dem (Zusammen-)Leben und dem Abschied-Nehmen

(...) OKTOBER NOVEMBER ist herausragendes Schauspielerkino, bei dem es mehr um das Spüren zwischenmenschlicher Schmerzen geht als um ihr intellektuelles Erfassen.

wienerzeitung.at, 23. Oktober 2013
Matthias Greuling

Götz Spielmann und die Vergänglichkeit des Seins

Es ist eine Geschichte voller Anmut, voller tiefgründiger Auseinandersetzung mit dem (Zusammen-)Leben und dem Abschied-Nehmen: OKTOBER NOVEMBER, die neue Arbeit von Regisseur Götz Spielmann, der mit seinem letzten Film REVANCHE für einen Oscar nominiert war, wird seine Österreich-Premiere am 31. Oktober im Wiener Gartenbaukino erleben, im Rahmen der Viennale. Zuvor lief der Film bereits auf den A-Festivals in Toronto und San Sebastian.

OKTOBER NOVEMBER verhandelt eine von starkem Zusammenhalt einerseits und irritierenden Konflikten andererseits stetig zusammen- und auseinandergetriebene Familiengeschichte: Ein alter Vater (Peter Simonischek), der einen Landgasthof im tiefsten Niederösterreich führt (gedreht wurde in Annaberg), sieht sich nach einer Herzattacke mit der eigenen Endlichkeit konfrontiert; seine beiden Töchter stehen ihm zur Seite, doch während Verena (Ursula Strauss) zeitlebens im ländlichen Umfeld der Familie verblieb, muss Sonja (Nora von Waldstätten) erst umständlich aus ihrer (Schein-)Welt anreisen, die sie in eine Fernsehschauspielerin in Berlin verwandelt hat.

Zusammenhalt
Alte Konflikte brechen auf, und doch ist diese Familie von Zusammenhalt geprägt. Ein Landarzt (Sebastian Koch) flankiert das Ensemble in seiner nüchternen Außensicht, aber auch er kann und will nicht verdrängen, was unmittelbar bevorsteht: der Abschied aus einem von Widerständen geprägten Leben und der Umgang mit Schmerz, Schuld und innerlicher Leere. OKTOBER NOVEMBER ist herausragendes Schauspielerkino, bei dem es mehr um das Spüren zwischenmenschlicher Schmerzen geht als um ihr intellektuelles Erfassen.

'Familiengeschichten sind oft voll von Hass und Selbstzerstörung, die gesamte dramatische Literatur hat quasi damit begonnen', sagt Götz Spielmann. 'Familie kann auch ein Rückzugsort und ein Kraftfeld sein. Was mich interessiert, sind die Verbundenheiten untereinander, im Schönen wie im Problematischen, die in Familienstrukturen geballt und komplex aufeinandertreffen. Das ist ein zentrales Thema meines Films.'

Spielmann hat nach REVANCHE auch bei OKTOBER NOVEMBER mit Kameramann Martin Gschlacht zusammengearbeitet, der beiden Filmen ambivalent zu lesende Bilder schenkt; sie strotzen vor Hoffnung und vor Hoffnungslosigkeit gleichermaßen. In Kombination mit Spielmanns Wahl seiner Drehorte, die eine immense Wichtigkeit in all seinen Filmen besitzen, entsteht hier ein dichtes Panorama präzise vermessener Zwischenmenschlichkeiten.

Seit der Oscarnominierung für Revanche im Jahr 2009 hat sich für den 1961 in Wels geborenen Filmemacher im Übrigen wenig verändert: 'Eine Nominierung ist ein schöner Mehrwert für meine Arbeit. Zu spüren, dass das, was du machst, einen Wert für andere hat, das ist schon ein großer Lebensgewinn', sagt Spielmann. 'Ich mache Filme ja nicht zur eigenen Selbstverwirklichung, da gäbe es weitaus bequemere Dinge. Sondern ich mache Filme in der Hoffnung, dass sie für andere einen Wert haben.'

OKTOBER NOVEMBER zeigt, dass Götz Spielmann das zum wiederholten Male und mit großer Bravour geglückt ist.